Brücken mit Öffnungszeiten

Über weite Strecken führt der Radweg am rechten Elbufer von der Mündung bei Friedrichskoog bis nach Hamburg über den Elbdeich. Unterbrochen wird dieser nur sporadisch. Etwa in Brunsbüttel wo der Nord-Ostsee-Kanal beginnt. Diesen überqueren wir mit einer kleinen Fähre. Die Fähre ist für Fussgänger:innen und Velofahrer:innen kostenlos.

Beim Störsperrwerk warten wir kurz. Die Bundesstrasse führt hier über eine Klappbrücke. Diese ist gerade aufgeklappt und ein kleines Segelschiff fährt durch die Öffnung in Richtung Elbe.

Ein paar Kilometer südlich von Glückstadt realisieren wir, dass unsere Routenplanung für die zweitletzte Etappe von Brunsbüttel nach Rissen etwas gewagt war. Die Sperrwerke Krückau und Pinnau sind nur im Sommer und nur zu gewissen Zeiten offen. Wer ausserhalb der Öffnungszeiten unterwegs ist muss einen langen Umweg via Elmshorn in Kauf nehmen. Wir haben Glück und können beide Brücken ohne Wartezeit passieren.

Landschaftlich ändert sich wenig: Wiesen, Acker, Schafe, manchmal Kühe, Deich, Dörfer und Kleinstädte. Der Radweg führt meist hinter dem Deich entlang, was den Blick auf die grossen Containerschiffe von und zum Hafen Hamburg verhindert. Die Tore zwischen den Weiden werden dafür seltener, je näher wir Hamburg kommen.

Bevor wir im Nachtzug nach Hause rauschen machen wir noch ein bisschen Strandferien. Wir haben nämlich einen vielversprechenden Campingplatz im Westen von Hamburg ausgemacht. Auf dem ElbeCamp steht den Zelten ein eigener grosser Bereich zur Verfügung. Den müssen wir nicht wie so oft mit Campervans und VW Bössli teilen. Die kämen hier allerdings auch nicht vom Fleck. Es stellt uns schon vor einige Schwierigkeiten die beladenen Räder durch den Sand zu unserem Traumplätzli zu schieben. Zu zweit klappts einigermassen.

Unser Campinggas ist beim Kaffeekochen am Morgen in Brunsbüttel ausgegangen. Leider noch bevor der Kaffee fertig war. Wir verzichten auf den Kauf einer neuen Kartusch, denn im ElbeCamp können wir uns gut und günstig im Café Lüküs verköstigen. Und hier gibt es auch Nahrung für unsere elektronischen Geräte. Beim ausgedehnten Frühstück und Kaffee trinken am Donnerstag fühlen wir uns ein bisschen wie digital nomads. Wenn wir den Blick von unseren Laptops heben, sehen wir auf den Strand, die Elbe und die Containerschiffe. Die Containerschiffe wecken immer wieder unser Interesse und wir beginnen über eine Webseite zu tracken, welche Schiffe die Elbe passieren.

Es ist nochmal richtig Sommer, aber die Elbe ist leider nicht sehr einladend zum Baden. Bei Ebbe ist das Wasser weit weg vom Strand, es ist Vorsicht geboten mit den vielen Schiffen und scheinbar ist auch die Wasserqualität nicht die Beste (das Gesundheitsamt rät vom Baden in der Elbe ab). Es ist dennoch ein wunderschöner Ort zum Verweilen.

Beim Abendessen treffen wir auf ein pensioniertes Paar aus Melbourne. Lorenz bemerkt, dass sich die beiden mit der deutschen Menukarte schwer tun und wir übersetzen. Die Aussies sind auch mit dem Rad unterwegs. Sie sind in Tromsø gestartet und werden von Hamburg den langen Heimweg antreten. Wir verbringen einen gemütlichen Abend und tauschen Erfahrungen aus. Die beiden sind tatsächlich erst vor kurzem durch die Nullabor Plain geradelt, mit Ü70! Über 1000 Kilometer Niemandsland und nur vereinzelt Raststätten und kleine Siedlungen.

Am Freitag verlassen wir gegen Mittag das ElbeCamp in Richtung Hamburg. Am Bahnhof Altona verstauen wir unser Gepäck und überlegen uns, was wir in den Stunden bis zur Abfahrt des Nachtzugs machen könnten. Das schöne, heisse Wetter lockt viele Tourist:nnen an und auf die Elbe. Auf den Booten für die Hafenrundfahrt stehen die Menschen Schulter an Schulter. Auf das haben wir keine Lust und für einen Stadtrundgang ist es zu heiss. Dafür gibt es im Miniatur Wunderland für einmal keine Wartezeiten und so verbringen wir einen langen Nachmittag in den kühlen Räumen der längsten Modelleisenbahn der Welt.

Nach einem leckeren vietnamesischen Znacht wird es nochmals etwas hektisch. In nur zehn Minuten müssen wir zwei Fahrräder und 10 Taschen in zwei unterschiedlichen Waggons unterbringen. Schliesslich sind alle Taschen in der munzigen Kabine verstaut und die Räder weit vorne an der Zugspitze an ihrem reservierten Platz. Der Zug hat Altona schon lange verlassen, als Lorenz auch endlich die Kabine erreicht.

Wir leeren den Flachmann und freuen uns auf den Aareschwumm am Samstagnachtmittag, denn schönes Sommerwetter scheint uns auch in der Schweiz zu erwarten.

Datum Strecke Distanz Höhenmeter
Brunsbüttel - Hamburg
6. September 2023 Brunsbüttel - Rissen 70.31 km 65 m
8. September 2023 Rissen - Hamburg-Altona 11.98 km 34 m
Total 82.29 km 99 m

Der Weg der tausend Tore

Wir verlassen Ribe in Richtung Küste. Die nächsten Tage werden wir entlang des Nationalparks Wattenmeer südwärts nach Schleswig-Holstein radeln.

Um etwas mehr über die Region zu erfahren, besuchen wir ca. 10 Kilometer ausserhalb von Ribe des Vadehavs Centret. Die Ausstellung ist sehr interaktiv und gut gestaltet. Leider können wir uns nicht alle Vogelarten merken. Aber den Löffler kennen wir ab nun an immer. Ausserdem sind wir genau zu der Zeit unterwegs wo sich die Stare in riesigen Schwärmen sammeln. In diesen Tagen beobachten wir immer wieder schwarze Wolken über den Himmel jagen, deren Form sich unvermittelt verändert (siehe auch den Wikipedia Eintrag zu Sort Sol). Manchmal sind wir den Vogelschärmen so nah, dass wir das Rauschen von vielen tausend Federn hören.

Nur wenige Kilometer nach dem Vadehavs Centret sind wir auch schon am Wattenmeer.

Wir radeln hinter, auf und vor dem Deich. Das Wetter ist warm, schon fast heiss.

Gegen Abend erreichen wir kurz vor Højer den Vadehavs Camping, unser erster self check-in Campingplatz. Die Bestellung der Brötchen für das Frühstück können wir zum Glück einfach auf einer Papierliste eintragen. Der Campingplatz liegt direkt am Meer. Die Sonne sehen wir direkt im Meer versinken. Kurz danach geht der rote Vollmond über Højer auf.

Das self check-out am nächsten Morgen ist nicht ganz so schnell. Einige vor uns bekunden sichtlich Mühe mit dem Automaten. Die Platzwartin muss mithelfen, was wohl nicht Sinn und Zweck des Automaten ist. Wir duschten so schnell, dass wir wieder Geld zurück gebucht bekommen. Es ist auf dänischen und teilweise auch deutschen Campingplätzen üblich, dass fürs Duschen entweder Münzen oder Wertmarken benötigen werden.

In der kleinen Ortschaft Højer verprassen wir unsere letzten Kronen. Wir stocken unsere Vorräte auf und kaufen in der Bäckerei lecker Brot und Kanelsnurrer.

Dann (ver)fahren wir uns auch schon über die Grenze. Der Wechsel auf die deutsche Ausschilderung der Radwege fällt uns schwer. In Dänemark stand unter den Schildern immer, welche Route abzweigt und welche z. B. gerade aus weiterführt. In Deutschland müssen wir nun wieder die nächste Ortschaft wissen, die wir anfahren möchten, d. h. wir müssen wissen, wo wir genau lang fahren wollen. Heute wollen wir bis nach Nordstrand und das finden wir dann auch.

Die Deiche in Deutschland werden von Schafherden bevölkert. Das ist zweckmässig, da somit das Mähen entfällt. Leider zwingen uns die Weidezäune immer wieder vom Rad zu steigen, Tore zu öffnen und wieder zu schliessen.

Das Wetter ist schön und es wird von Tag zu Tag heisser. Auf dem Weg in den Touri-Ort St. Peter Ording macht uns für einmal auch der Gegenwind zu schaffen. Die ersten Campingplätze im Ort gefallen uns nicht. Auf dem Rosen-Camp Kniese fühlen wir uns willkommen und zelten für nur 14 Euro. Unsere Zeltnachbarn sind Kitesurfer und fanden den heutigen Wind eher flau. Wir hingegen sind k.o. Fürs Abendessen fahren wir nach St. Peter Dorf, denn kochen mögen wir auch nicht mehr. Lorenz hat sich beim Platzwart nach einem regionalen Restaurant ohne Kleidervorschrift erkundigt, wo wir den lauen Sommerabend geniessen.

Am nächsten Tag fahren wir mit viel Rückenwind nach Büsum. Hier können wir im kleinen Bioladen auch wieder in kleinen Mengen Gemüse und Früchte kaufen, bevor wir weiter nach Friedrichskoog Spitze radeln.

Der Camping in Friedrichskoog Spitze ist alles andere als Spitze. Das Wirtschaftsgebäude wurde wohl seit den 1960er Jahren nie mehr erneuert. Warmwasser zum Abwaschen gibt es nur, wenn man eine 5 Cent Münze hat (was wir nicht haben) und Klopapier wurde ganz weg rationiert. Zum Glück haben wir immer eine Klopapierrolle im Gepäck. Die Abendstimmung versöhnt uns dann wieder etwas mit dem Ort, obwohl die Mücken uns mehr oder weniger über den Deich in die nächste Kneipe jagen.

Tags darauf machen wir schon kurz nach dem Start den ersten Halt und besuchen die Seehundestation in Friedrichskoog. Die Station ist Herberge für Seehunde und Kegelrobben, die nicht mehr ausgewildert werden können. Jeden Sommer päppeln die Mitarbeiter:innen der Seehundestation aber auch Heuler auf, die aus verschiedensten Gründen während der Stillzeit von ihren Müttern getrennt wurden. Hier werden sie gefüttert, medizinische versorgt und für die Auswilderung vorbereitet. Dies geschieht nicht aus Artenschutzgründen sondern rein aus Tierschutzgründen, denn die Population ist in der Nordsee derzeit nicht bedroht. Damit die Auswilderung gelingt, dürfen Besucher:innen auch nur von weitem in den Bereich hineingucken. Der Kontakt mit Menschen wird auf das Wesentliche begrenzt. Die Ausstellung zu den Seehunden und Kegelrobben ist sehr gut. Wir verweilen entsprechend lange, entscheiden uns aber kurz vor der nächsten Fütterungszeit zu verschwinden und grösseren Menschenansammlungen zu entgehen.

Kurz vor Brunsbüttel erreichen wir die Elbmündung und auch schon bald unseren Campingplatz am Elbdeich. Es ist wieder ein self check-in Campingplatz, der Automat nimmt aber sogar Bargeld und es hat Klopapier und warmes Wasser für den Abwasch.

Datum Strecke Distanz Höhenmeter
Ribe - Brunsbüttel
1. September 2023 Ribe - Højer 48.86 km 44 m
2. September 2023 Højer - Nordstrand 76.07 km 15 m
3. September 2023 Nordstrand - Sankt Peter-Ording 81.32 km 35 m
4. September 2023 Sankt Peter-Ording - Friedrichskoog 64.84 km 16 m
5. September 2023 Friedrichskoog - Brunsbüttel 28.70 km 1 m
Total 299.79 km 112 m

Von Fünen quer durch Süd-Jütland

An unserem ersten Abend in Svendborg entdeckt Lorenz ein afrikanisches Restaurant. Hier gibt es keine Menukarte. Die Gastgeberin lässt einem nur die Wahl, ob traditionelles Essen oder afrikanischen Streetfood. Zusätzliche Wünsche wie vegetarische, vegan oder glutenfrei sind kein Problem, den jedes Menu wird frisch zubereitet. Wir essen traditionell, dass heisst auch, wir essen mit der Hand. Als Löffel dient Fufu. Mit diesem Brei aus Manniok und Kochbananen nimmt man die feine Sauce zu sich.

Am Sonntag ruhen wir uns aus. Am Nachmittag machen wir noch einen Rundgang durch den Hafen auf der Suche nach Kaffee und Kuchen. Beides finden wir dann auch, zuvor laufen wir aber noch an einem Kajak-Mietautomaten vorbei.

Am 28. August geht die Reise weiter. Wir fahren der Westküste von Fünen in Richtung Festland. Der Radweg ist abwechslungsreich, mal ist man am Meer, mal wieder etwas vom Meer weg. Mal Seitenwind, mal Rückenwind, mal leichten Gegenwind. Zur Mittagszeit erreichen wir Faaborg. In Faaborg Røgeri Café  am Hafen machen wir auch gleich unsere Mittagspause. Es gibt fein geräucherten Lachs und Fischfrikadellen mit Kartoffelsalat.

Der Weg aus Faaborg hinaus schaffen wir auf Umwegen. Irgendwann sind wir aber wieder auf dem Radweg und fahren auf und ab. Fünen ist im Gegensatz zu den Inseln Falster und Lolland sehr hügelig. Ein kurzer Regenschauer kühlt uns wieder ab. Der Regen ist aber nur von kurzer Dauer und auch nicht stark. Schon kurze Zeit später sind unsere feuchten Kleider wieder trocken und wir kommen unserem Zeltplatz immer näher.

Auch in Dänemark gibt es eine Ortschaft Å. Die ist noch kleiner als das Å in Norwegen und hat einen wunderschönen Campingplatz mit Blick auf die Ostsee. Wir erreichen den Campingplatz kurz vor der Receptionsöffnung um 16 Uhr. Wir haben festgestellt, dass es in Dänemark üblich ist zwischen ca. 15 und 18 Uhr auf dem Campingplatz einzutreffen. Nach 18 Uhr ist die Reception oftmals bereits geschlossen.

Nach dem Zeltaufstellen baden wir in der Ostsee. Das Wasser ist nicht ganz so schön und mit ca. 18°C sehr wahrscheinlich auch kühler als die Aare.

Von Å weg geht es nochmals etwa bergauf, dann flacht die Landschaft aber langsam wieder ab und mit nur leichtem Seitenwind sind wir schon zur Mittagszeit in Middelfart. Hier essen wir am Hafen Picknick, bevor wir die Insel Fünen über die Brücke in Richtung Festland verlassen. Der Radweg nach Kolding ist nicht der schönste Abschnitt unserer Reise. Über viele Kilometer führt uns die Route direkt an oder auf der teilweise stark befahrenen Landstrasse und es geht wieder ordentlich auf und ab. Kurz vor Kolding überrascht uns abermals ein kurzer Regenschauer. Ziemlich müde kommen wir in der Jugendherberge in Kolding an. Weil es in der Region weit und breit keinen Campingplatz gibt, haben wir uns am Mittag kurz entschlossen ein Zimmer gebucht. Das Zimmer ist quasi ein kleines Bungalow. Vor der Tür haben wir einen kleinen Sitzplatz, von wo wir über die Stadt Kolding sehen. Im nächstgelegenen (wir mögen nicht mehr weit laufen) Lebensmittelgeschäft kaufen wir ein. Heute haben wir eine gut ausgestattete Küche zur Verfügung. Es gibt Kürbis aus dem Ofen mit Kartoffelstock und Pilzen an Rahmsauce. Es ist so viel Essen, dass wir den grossteil des Kürbis für das nächste Abendessen einpacken.

Langsam gehts in Richtung Westküste. Von Kolding gibt es einen direkten Radweg nach Esbjerg. Wir machen allerdings noch einen kleinen Abstecher nach Christiansfeld und fahren weiter südlich in Richtung Ribe. Christiansfeld ist eine Planstadt, die 1773 gegründet wurde. Die Häuser der Altstadt sind alle gelb oder beige. Die Stadt ist zudem bekannt für Honigkuchen und so gibt es hier eine kleine süsse Stärkung.

Die eigentliche Mittagsrast machen wir später in Jels. Am See findet gerade eine Kanu Weltmeisterschaft statt. Wir finden dann doch noch ein Picknickplatz zwischen den Enten und schauen dem Treiben auf dem See zu. An einen Platz auf dem Camping hier ist nicht zu denken und es ist auch noch früh. Wir fahren noch ein paar Kilometer weiter bis nach Foldingbro. Der Camping hier ist nicht gerade ein Schmuckstück, aber zweckmässig eingerichtet. Es hat sogar einen Töggelichaschte. Die kleine Landstrasse führt direkt um den Campingplatz. Bis spät am Abend fahren noch Traktoren und Lastwagen vorbei. Es ist Erntezeit.

Unsere Tour am Donnerstag ist kurz. Wir fahren nur 30 Kilometer von Foldingbro nach Ribe. Ribe war lange Zeit der wichtigste Hafen von Nordeuropa, verlor aber ab ca. dem 18. Jahrhundert zunehmend an Bedeutung. Weil lange kein Geld für Erneuerungen und Erweiterungen zur Verfügung stand, ist die Altstadt noch sehr gut erhalten. Im alten Hafen von Ribe essen wir im Restaurant Saelhunden feinen Fisch, bevor wir dann am späteren Nachmittag unser Zimmer in der Jugendherberge Ribe beziehen. Unsere Zimmer ist mit Blick über die Altstadt. Um 20 Uhr nehmen wir am Nachtwächterrundgang teil. Die Nachtwächter sorgten über Jahrhunderte für Recht und Ordnung in den Strassen von Ribe, brachten betrunkene Schweine (alle brauten ihr eigenens Bier und kippten die Maische in die Strassen) und betrunkene Menschen nach Hause. Wobei die betrunkenen Menschen meist auf den Rücken ihrer Pferde gelegt wurden und diese dann den Weg nach Hause wussten, Autopilot so zu sagen.

Datum Strecke Distanz Höhenmeter
Svendborg - Ribe
28. August 2023 Svendborg - Å 65.33 km 304 m
29. August 2023 Å - Kolding 80.88 km 371 m
30. August 2023 Kolding - Foldingbro 64.27 km 268 m
31. August 2023 Foldingbro - Ribe 30.38 km 47 m
Total 240.85 km 990 m

Von Insel zu Insel

Eigentlich hätten wir in Rostock gerne mal wieder in einem Bett geschlafen. Aber unser Hotel der Wahl ist ausgebucht. Das ist nicht weiter schlimm, denn wir sind gegen Mittag in Rostock (Rückenwind?) und von hier fahren regelmässig Fähren nach Gedser, auf der dänischen Insel Falster.

Anders als vor 12 Jahren, auf unserer ersten Velotour durch Schweden, finden wir den Radweg zum Fährhafen ohne Schwierigkeiten und erreichen die geplante Fähre rechtzeitig.

Nur zwei Stunden dauert die Überfahrt. Und es ist sofort klar, dass wir jetzt im Veloland angekommen sind. In Rostock mussten die Radfahrer:innen in den Abgasen der LKWs warten, bis sie von Bord durften. In Dänemark fahren die Radfahrer:innen als erste von der Fähre. Überall gibt es Velowege, Veloabstellplätze, Vortritt für Fahrräder und die Autofahrer:innen nehmen Abstand. Angeblich fahren 75 % der Dän:innen mit dem Rad zur Arbeit.

Wir besorgen uns Bargeld in der lokale Währung (die Kronen unseres letzten Besuchs sind leider zu Hause geblieben) und decken uns mit Lebensmitteln ein. Am frühen Abend erreichen wir Bruserup. Dort gibt es einen sogenannten Book en Shelter Campingplatz. Auf solchen Plätzen gibt es in der Regel nur eine einfache Toilette und Wasser. Für ein paar Kronen kann mensch hier das Zelt aufschlagen oder eben in einem Schutzhütte übernachten. Gebucht wird vor Ort mit einem QR-Code und bezahlt mit Kreditkarte. Vorbei sind die Zeiten, als noch Kleingeld in einer Box deponiert wurde. Dänemark begrüsst uns mit einem wunderschönen Sonnenuntergang. Das erste Mal schlafen wir mit offener Abside und geniessen vom Schlafsack aus die Aussicht.

Wie unschwer zu erkennen ist, lieben wir unser neues Zelt sehr. Es hat zwei Absiden, die sich beide vollständig öffnen lassen. In der grösseren können wir bei leichtem Regen sogar im Trockenen sitzen und trotzdem die Aussicht geniessen. Die kleinere Abside ist unser Stauraum und bietet Platz für alle unsere Velotaschen. Und auch drinnen hat es viel Platz (wohl auch deshalb, weil wir uns ein 3-Personen-Zelt gegönnt haben ?).

Kurz haben wir uns überlegt auf die Insel Møn zu fahren. Diese Insel gehört zu der Sorte „book well ahead“ was wir kaum je schaffen, weil wir nie wissen, wohin genau die Reise führt. Møn liegt auch nicht auf unserer Route Richtung Westen. Wir fahren also weiter über die Insel Falster und erreichen über eine Brücke schon bald die nächste Insel Lolland. Um die Mittagszeit sind wir in Sakskøbing und geniessen als zweites Frühstück Kanelsnurrer, Kardamommesnurrer und Kaffee. Leckeres Brot für später können wir in dieser schmucken Bäckerei obendrein auch noch kaufen.

Pünktlich zur Öffnung der Reception um 14 Uhr erreichen wir den Campingplatz in Maribo. Unser Zeltplatz haben wir am Abend vorher vorsorglich bereits gebucht, denn wir müssen unbedingt einen Waschtag einlegen. Wir verbringen den restlichen Tag mit waschen, bloggen und aufladen unserer diversen Geräte. Dank dem gemütlichen Aufenthaltsraum nehmen wir auch den vorbeiziehenden Regenschauer gelassen.

Am nächsten Tag weckt uns bereits wieder die Sonne. Vom Inland geht es nun wieder an die Küste nach Rødbyhavn. Der Radweg führt jetzt über 30 Kilometer dem Strand entlang. Ca. in der Hälfte legen wir eine Mittagspause ein. Zu unserer Überraschung werden wir am Picknick-Platz von einem Reh besucht. Die Naturstrasse spüren wir am Abend in unseren Beinen, aber der Wind ist gnädig und wir kommen gut voran.

Die Nacht verbringen wir auf dem Campingplatz von Nakskov. Hier erreicht uns der abendliche Regen zum Glück erst nach dem Abendessen.

Der Morgen sieht zunächst düster aus, doch schon wieder machen die Wolken der Sonne Platz. Das Zelt trocknet schnell und wir fahren nach dem Frühstück los zur Fähre, die uns von Lolland nach Langeland bringt. Wir sind uns nicht einig, ob wir zu früh in Nakskov gestartet oder zu langsam gefahren sind. Jedenfalls verpassen wir die Fähre um 10.15 Uhr nur knapp und warten entsprechend fast eine Stunden auf die nächste Fähre.

In Langeland angekommen fahren wir südwärts. Im Café Haven gibt es ein spätes zweites Frühstück. Es ist das einzige Café weit und breit. Erst später erfahren wir, dass es der alte Gutshof mit Schloss eine Biofarm ist.

Wenige Kilometer später gibt es dann auch schon Mittagessen. Der Strand lockt Lorenz sofort in die Ostsee, Eliane bleibt derweil an Land und beobachtet mit dem Feldstecher die vorbeiziehenden Schweinswale. Leider hat es nur eine kleine Finne auf ein Foto geschafft.

In Bagenkop verbringen wir die Nacht wiederum auf dem Camping. Hier gibts freie Platzwahl (O-Ton Schild: Such dir einen Platz. Der Platzwart kommt zu dir und kassiert ein). Wir finden einen erhöhten Platz mit Aussicht und geniessen das Znacht vor unserem Zelt mit Blick aufs Meer. Der Platzwart findet uns resp. wir ihn beim Abwaschen. Es gibt Bier und Grillade für seine Helfer, die bei der Renovation des Daches des Wirtschaftsgebäudes anpacken. Bis spät am Abend hören wir deutschen Schlager und die Mannschaft singt kräftig mit.

Unser Zelt hat den nächtlichen Starkregen (und den Schlager) gut überstanden. Der nächste Morgen ist eine Wiederholung der vorangegangenen; schon bald lockern die Wolken auf und während das Zelt trocknet, frühstücken wir an der Sonne.

Auf der Fahrt in den Norden landen wir unverhofft in einem Radrennen. Die Strassen sind nicht gesperrt und so fahren wir mit den Gümmeler mit. Wir werden auch ab und zu von den Zuschauer:innen angefeuert. Die Route verlangt den Fahrer:innen und uns einiges ab, kurz vor Rudkøbing gibt es noch single trails durch den regenfeuchten Wald.

Nun liegen noch zwei Brücken zwischen uns und Fünen. Über ca. 10 Kilometer führt der Radweg direkt der Hauptstrasse entlang, bevor wir dann in Lundby auf die „scenic route“ ausweichen können.

Die Inseln Falster, Lolland, Langeland und Tåsinge sind geprägt von schmucken Dörfern, herzigen kleinen Riegbauhäusern mit Strohdächern, sanften Hügeln, schönen Wäldern und immer wieder Seen und Meer. Nicht selten fühlen wir uns wie in Tolkiens Auenland.

Nun freuen wir uns nach zwei Wochen endlich mal wieder in einem richtigen Bett zu schlafen. In Svendborg verbringen wir zwei Nächte im Hotel, bevor unsere Radtour über die Insel Fünen weiter geht.

Datum Strecke Distanz Höhenmeter
Bützow - Svendborg
22. August 2023 Bützow - Rostock 47.11 km 137 m
22. August 2023 Gedser - Bruserup Strand 13.25 km 20 m
23. August 2023 Bruserup Strand - Maribo 46.62 km 70 m
24. August 2023 Maribo - Nakskov 69.07 km 12 m
25. August 2023 Nakskov - Tårs 13.52 km 20 m
25. August 2023 Spodsbierg - Bagenkop 42.35 km 102 m
26. August 2023 Bagenkop - Svendborg 56.10 km 131 m
Total 288.03 km 491 m

Mecklenburgerische Seenplatte

Nach 8 Tagen am CCCamp ziehen wir weiter.

Wir fahren spät los (die Nächte waren kurz) und halten bereits am nächsten Ort abrupt wieder an. Eliane entdeckt am Wegrand einen Stand mit frischen Eierschwümmli und Tomaten. Unser Menuplan ist gesetzt.

Wir sind froh um die brandenburgischen Wälder. Es ist über 30°C warm. In Fürstenberg/Havel machen wir eine späte Mittagsrast und planen eigentlich auch gleich hier zu übernachten. Für den Abend ist auf dem Gelände neben dem Campingplatz eine Halli Galli Party (O-Ton Plakat) angesagt. Auf das haben wir definitiv keine Lust. Nach einem kurzen Mittagsschlaf schwingen wir uns nochmals auf die Räder und sind schon bald in Mecklenburg-Vorpommern.

Auf dem Kanuhof Camping in Wustrow fühlen wir uns sofort wohl. Er ist klein aber fein. Kanuten und Velofahrer:innen scheinen ähnliche Bedürfnisse zu haben. Unweit vom Camping hat es einen Badestrand. Wir geniessen das Bad im See nach diesem heissen Tag sehr. Noch fast mehr geniessen wir die Dusche, die wir nicht mit 6000 anderen Menschen teilen müssen. Bei kühlen Bier und feinem Essen lassen wir den Tag ausklingen.

Eierschwümmli mit Fonio

Am Morgen begrüsst uns wieder die Sonne. Geplant ist eigentlich, dass wir der Eurovelo7 resp. der Route Berlin-Kopenhagen weiter folgen. Das gelingt uns knapp einen Kilometer. Dann verpassen wir offenbar einen Wegweiser. Das bemerken wir aber erst viel später und ist auch nicht weiter schlimm. Wir fahren jetzt einfach eine andere Route durch den Nationalpark Müritz. Wunderschön ist diese Route allemal. Unsere Tagesetappe endet in Jabel. Dort schliesst die Reception des Campingplatzes tatsächlich schon um 16 Uhr. Zum Glück dürfen wir unser Zelt im Bootshafen aufschlagen, dort ist auch um 17:30 Uhr noch wer vor Ort. Und es gibt auch hier einen Zugang zum Badestrand. Beim Kochen am Abend stellen wir fest, dass der Baum über unserem Zelt äusserst beliebt ist. Kurz überlegen wir, ober wir das Zelt wegen der vielen Vögel noch umstellen sollen. Wir lassen es vorerst bleiben.

Das Erwachen am Morgen ist etwas weniger schön als gestern. Unser Zelt ist voll mit Vogelkacke und Lorenz verbraucht unsere Notfall-Klopapierrolle für das Wegputzen. Ersatz für die Rolle erhalten wir vom Hafenwart. Heute verfahren wir uns nicht. Und auch unser liebstes zweites Frühstück gibt es. In Krakow am See finden wir auf Anhieb eine Bäckerei mit leckerem Mohnkuchen und Marzipanecken. Regionales dunkles Roggenbrot können wir auch noch kaufen. In Bützow am See finden wir wieder einen Kanucamping. Vom Campingplatz führt ein Steg direkt zum See. Das Wasser ist angenehm warm. Hier endet nun unsere Tour durch MeckPomm. Morgen gehts weiter nach Rostock auf die Fähre nach Dänemark.

Datum Strecke Distanz Höhenmeter
Mildenberg - Bützow
19. August 2023 Mildenberg - Wustrow 50.14 km 162 m
20. August 2023 Wustrow - Jabel 72.87 km 240 m
21. August 2023 Jabel - Bützow 85.43 km 303 m
Total 208.43 km 705 m